Die Geschichte der Maultrommel

 


Maultrommel mit Klötzchen




Die Maultrommel hat ihren Ursprung wahrscheinlich in Asien. Vieles deutet darauf hin, dass die ältesten Ausführungen aus Holz (Bambus) hergestellt wurden.
In Sibirien wurde die wahrscheinlich älteste Maultrommel der Welt gefunden. Sie besteht aus Knochen und ist ca. 2500 Jahre alt.
In Europa wurden die ältesten Funde in Ostfrankreich gemacht. 1868 fand man bei Rouen fünf Maultrommeln aus Bronze. Diese stammen aus gallisch-römischer Zeit (5. -7. Jahrhundert).
Nachweise aus unserer näheren Umgebung stammen aus dem 14. Jahrhundert. 1399 wurde die Burg Tannenberg in Hessen zerstört, im Brandschutt fand man 3 Maultrommeln.
Das Instrument erlebte seine Blütezeit während der Epoche des Feudalismus.

Hergestellt wurden sie meist dort, wo man es verstand, Metall zu bearbeiten, so auch im Raum Zella-Mehlis, Suhl, Schmalkalden und Bad-Salzungen.
A
m 2. Juli 1645 fiel unter anderem ein Bad-Salzunger Bürger bei einer Schlacht mit den „Kaiserlichen“, der den Beruf eines „Maultrommel-Schmiedes“ ausübte.

In der von J.G. Krünitz begründeten „Ökonomische Encyklopädie“ (erschienen 1773 bis 1858) ist unter Maultrommel folgendes zu finden:

"Maultrommel, ein kleines eisernes oder messingenes Werkzeug, welches man an den Mund oder an die Zähne setzt und an die daran befindliche stählerne elastische Feder schlägt, um dadurch einen brummenden Klang hervor zu bringen; die Maulbrummel, das Brummeisen, die Schnarre, Lat. Crembalum, Franz. Gronde, Trompe, oder Trompe de fer, ou de laiton, Bombard. Die Maultrommeln sind besonders bey unsern Landleuten und bey Hirtenvölkern sehr beliebt, und sie werden häufig nach Amerika und der Levante ausgeführt. Am mehrsten liefern Steyermark, Schmalkalden, Remscheid, Schwabach etc. Die Schmalkaldische Ware ist in Packen von 12 Dutzend, die von Steinbach bey Steyer, von 4 Dutzend."


Mit der Einführung der Halbtonschritte und der Änderung der Hörgewohnheiten zu Beginn der Industrialisierung (Einführung von Radio, Grammophon etc.) waren auch Änderungen der damaligen Musikinstrumente notwendig.
Entweder gelang ihnen die Anpassung, (Oboe, Blockflöte, Harmonika, etc.) oder die Instrumente starben nahezu aus. (Dudelsack, Schalmei, Maultrommel etc.)

Höchstwahrscheinlich hat sich aus der Maultrommel die Familie der Akkordeons und (Mund-)harmonikas entwickelt.

Johann Caspar Schlimbach (*1777; †1861) war ein Instrumentenbauer, der um 1810 in Königshofen mit seinen Cousin Bernhard Eschenbach den direkten Vorläufer des Harmoniums, die Aeoline, erfunden und gebaut hat.

"Die Stimmplatten dieses Instruments mit ihren Zungen (Federn) waren damals wie Maultrommeln gefertigt. Rahmen und Zunge waren aus Stahl. Der Rahmen war U-förmig und die Stahlzunge war in der selben Weise, wie dies bei der Maultrommel heute noch gemacht wird, am Rahmen befestigt."

Eine Besonderheit der Maultrommel war die sog. "Aura"

Walter Maurer, Autor des 1983 erschienenen Buches "Das Accordion", schreibt dazu:

"Es gab in der experimentierfreudigen Zeit Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts sehr virtuose Instrumentalisten auf der Maultrommel. So lies sich z. B. J. H. Scheibler bis zu zehn Maultrommeln auf eine Tragscheibe montieren. Er nannte das so entstandene Instrument "AURA". Die Maultrommeln waren auf verschiedene Grundtöne eingestimmt, was sogar chromatische Tonfolgen ermöglichte."

Als Erich von Hornbostel und Curt Sachs um 1914 ein System der Klassifikation von Musikinstrumenten erstellten, wurde die Maultrommel dort als Idiophon eingeordnet. Idiophone sind Selbstklinger wie etwa eine Glocke, die man mit einem Stab anschlägt.

Dieser Meinung kann ich mich nicht anschliesen.

Es ist höchst wahrscheinlich, dass Hornbostel und Sachs für ihre Einteilung kein hochwertiges Instrument zur Verfügung stand. Ein wesentlicher Bestandteil des Klangs einer Maultrommel hat nämlich die durch die schwingende Feder hindurch strömende Luft.

Bereits um 1850 begann das Instrument aus der Musik zu verschwinden.
In Meyers Konversations-Lexikon 1888 ist dementsprechend zu lesen:

"Maultrommel:
(Brummeisen, Crembalum), altes primitives Instrument, bestehend aus einer durch die Finger in Bewegung gesetzten Stahlfederzunge, die in ein hufeisenförmiges kleines Stück Eisen eingeklemmt ist, das mit den Zähnen gehalten wird. Die so mit fast geschlossenem Mund auf das Instrument gebrummten Gesangstöne (?!) haben ein eigentümliches melancholisches Kolorit."


Mit dem Beginn der Industrialisierung verschwand das Instrument aus der Volksmusik und wurde zunehmend durch die Mundharmonika ersetzt.
Bis etwa 1930 wurden die Maultrommeln im Rahmen der Kleineisenwaren in Thüringen noch hergestellt, aber schon mehr als Geschenkartikel und Kinderspielzeug. Sie wurden nachweislich 1930 noch vom Musikaliengroshändler Zimmermann aus Zella-Mehlis im Katalog angeboten.


Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden

 

Diese Schmiede stellten mit der Maultrommel, auch Brummeisen oder Mundharfe genannt, eines der einfachsten Musikinstrumente her. Sie war früher ein nicht unwesentlicher Artikel der Kleineisenindustrie auf der gothaischen Seite Kleinschmalkaldens.

Die Maultrommel wurde von hiesigen Exportfirmen vor allem in die östlichen und südlichen Länder (Russland, Balkan), aber auch in überseeische Staaten versandt (Levante).

Die Feder bestand früher aus Zain-eisen (dünner Eisenstab), später aus Stahl. Sie musste mit der Hand ausgeschmiedet werden. (Elwin Hoffmann.“Die letzte Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden“ im Heimatkalender 1932)

Als Maultrommelschmiede in Kleinschmalkalden arbeiteten nachweislich auf der gothaischen Seite:


Hans Wolff Fuchs (*1631, †1719)

Johannes Fuchs (Sohn von Hans Wolff Fuchs, *1666, †1694)

Hans Georg Fuchs (Sohn von Hans Wolff Fuchs, *1672)

Meister Johann Jacob Fuchs *1743

Meister Johann Fuchs Sen.

Meister Abraham Christoph Fuchs, Sohn von Johann Fuchs

Meister Valtin Fuchs

Meister Hans Heinrich Fuchs *1761

Meister Sigmund Fuchs (1728-1802, Sohn vom Schultheisen Johannes Fuchs)

Heinrich Fuchs *1773

Karl Fuchs, *um 1835

Johannes Möller (*1795, Sohn vom Hufschmied Johannes Möller)

Andreas Möller Sen., *um 1870

Johann Andreas Möller (Sohn von Johannes) war bis zum Beginn des 20. Jahrhundert als Eimerschmied tätig. Sein Sohn Christian Möller (genannt Muhltrummels-christ), ebenfalls Eimerschmied, wohnte in der Ortsstrasse 76. Das Haus brannte 1901 ab, wurde aber wieder aufgebaut. Er fertige in der Schmiede neben dem Wohnhaus noch Maultrommeln bis zum 1. Weltkrieg; er war der letzte Maultrommelschmied in Kleinschmalkalden.

Bis dahin war die Maultrommel trotz Mund- und Ziehharmonika ein begehrter Artikel. Das kleine Instrument kostete je nach Größe 15 Pfennig bis 1 Mark pro Dutzend.

Danach kam die Produktion zum Erliegen, da das geeignete Rohmaterial fehlte. Außerdem brachen die Absatzmärkte weg, weil etliche der oben genannten Länder in den Krieg verwickelt wurden. Vor allem beschäftigten sich auch einige der zahlreichen Schlosser mit der Fertigung von Maultrommeln.


Der Artikel über die letzten Maultrommel-Hersteller in Kleinschmalkalden wurde mir freundlicherweise zu Verfügung gestellt von:

Rainer König, Talstr.16, 98593 Kleinschmalkalden

Tel.: 036849 20022

Heimatmuseum Kleinschmalkalden, Marktplatz 1

Dort sind auch noch einige alte Maultrommeln zu besichtigen.


Maultrommeln